Einem Fahrradfahrer kann die alleinige Haftung auferlegt werden, wenn er die Vorfahrt missachtet und es dadurch zum Unfall mit einem Auto kommt. So entschied das Landgericht Lübeck und verneinte Ersatzansprüche eines verletzten Fahrradfahrers (Az. 6 O 8/22).
Ein Fahrradfahrer fuhr entlang einer Landstraße auf einem Radweg, der einen Autobahnzubringer kreuzt. Der Autoverkehr hatte an dieser Stelle Vorfahrt. Dem Radfahrer kam eine Autofahrerin entgegen, die über diesen Zubringer auf die Autobahn fahren wollte. Als sich die beiden Fahrwege kreuzten, kam es zum Unfall und der Fahrradfahrer wurde schwer verletzt. Er verlangte von der Autofahrerin Schmerzensgeld zu einer Quote von 2/3. Er habe zwar die Vorfahrt missachtet, die Autofahrerin sei aber zu schnell gefahren und habe freie Sicht gehabt. Sie hätte den Unfall also vermeiden können. Die Autofahrerin entgegnet, sie sei von der Sonne geblendet worden und habe den Radfahrer daher erst im letzten Moment gesehen und nicht mehr reagieren können.
Das Gericht hat eine Haftung der Autofahrerin verneint. Es hatte Zeugen befragt und ein Gutachten eines technischen Sachverständigen eingeholt. Daraus habe sich ergeben, dass die Autofahrerin nicht zu schnell, sondern eher langsam gefahren sei, aber keine Zeit mehr gehabt habe zu reagieren. Der Vorfahrtsverstoß durch den Fahrradfahrer wiege so schwer, dass die Betriebsgefahr auf Seiten der Autofahrerin verdrängt werde. Der Vorfahrtsverstoß des Fahrradfahrers führe hier zur Alleinhaftung.
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